Prävention und Schutz vor Gewalt

In jeder Kindertagesstätte der Kreis- und Hansestadt Korbach ist der Schutz der Kinder vor Gewalt durch ein einrichtungsbezogenes Schutzkonzept geregelt. Dieser Standard besteht aus mehreren Bausteinen und gibt einen Fahrplan vor, wie im Zusammenspiel zwischen Kita, Familien und Behörden das Wohl des Kindes bestmöglich geschützt werden kann.

 

Warum Schutzkonzepte?

Kinder unterliegen einem besonderen und gesetzlich festgeschriebenen Schutzauftrag. Unsere auf das Wohlergehen von Kindern ausgerichteten Kita-Konzeptionen, die kontinuierliche Begleitung durch unsere Kita-Fachberaterinnen und die Auswahl und Qualifizierung unserer pädagogischen Fachkräfte bilden die Grundsteine für die Umsetzung des institutionellen Schutzauftrags.

Durch den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a des Achten Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) wurde die Verantwortung der Eltern für den Schutz ihrer Kinder bereits seit 2005 entsprechend verstärkt in den Blick genommen. Mögliche Gefährdungen außerhalb der Familie (bspw. durch Fachkräfte oder Kinder untereinander) wurden hingegen wenig berücksichtigt. Demzufolge werden nun bundesweit unterstützende Strukturen verankert, um mögliche Grenzverletzungen und Übergriffe zu verhindern.

 

Was gehört zum präventiven Kinderschutz?

Ein gut durchdachtes pädagogisches Konzept ist grundlegend für präventiven Kinderschutz. Damit Prävention kontinuierlich wirken kann, muss die entsprechende Haltung in den Kitas tagtäglich gelebt werden. Hierzu zählen unter anderem eine Förderung des kindlichen Selbstbewusstseins durch altersgerechte Informationsvermittlung der eigenen Rechte und Beteiligung an wichtigen Prozessen innerhalb der Kindertagesstätte. Wirksamer präventiver Kinderschutz in der Kindertagesbetreuung beinhaltet Schutz, Förderung und Beteiligung aller Kinder.

 

Kinderrechte

Lange Zeit galt eine Anerkennung der Rechte von Kindern als unwichtig, sie wurden häufig als unmündige, unfertige Wesen wahrgenommen, denen die Erwachsenen stets überlegen waren. Spätestens mit der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention 1989 änderte sich dies grundlegend. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen schuf damit das wichtigste internationale Menschenrechtsinstrumentarium für Kinder. Seit nunmehr über 30 Jahren verdeutlicht die UN-Kinderrechtskonvention, dass Kinder mit ihrer Geburt das Recht haben, Rechte zu haben.

Vier Grundprinzipien prägen den Charakter der Konvention:

  • Das Recht auf Gleichbehandlung (Art. 2 Abs. 1)
    Alle Artikel der UN-KRK gelten für jedes Kind der Welt. Kein Kind darf benachteiligt werden
  • Vorrang des Kindeswohls (Art. 3 Abs. 1)
    Alle zu treffenden Entscheidungen, die sich auf Kinder auswirken können, müssen das Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigen. Der Schutz von Kindern und die Förderung ihrer Entwicklung sind auch öffentliche Aufgabe.
  • Das Recht auf Leben und persönliche Entwicklung (Art. 6)
    Der Artikel verpflichtet die Staaten in „größtmöglichem Umfang“ die Entwicklung der Kinder zu sichern.
  • Achtung vor der Meinung und dem Willen des Kindes (Art. 12)
    Kinder sollen als Personen ernst genommen und respektiert werden. Wenn Erwachsene eine das Kind betreffende Entscheidung treffen, müssen die Kinder ihrem Alter und ihrer Reife gemäß einbezogen werden. Sie dürfen erwarten, dass man sie anhört und ernst nimmt.

Auf der Grundlage dieser Kinderrechte und der damit verbundenen veränderten Sichtweise auf das Kind hat sich der sogenannte Kinderrechtsansatz (Child Rights-Based Approach) entwickelt. Dieser besagt, dass es Konsequenzen für pädagogisches Handeln hat, wenn Kinder als Träger eigener Rechte angesehen werden und sie ihren Kita-Alltag mitbestimmen.

 

Partizipation (Beteiligung) von Kindern in der Kindertagesstätte

Oft erleben Kinder das erste Mal in der Kita, wie eine Gemeinschaft zwischen Kindern und Erwachsenen außerhalb ihres familiären Umfeldes genau funktioniert. Sie erleben wie Entscheidungen gefällt werden, welchen Einfluss sie selbst auf einzelne Prozesse nehmen können und wie groß ihr Mitbestimmungsrecht in der Gestaltung ihres unmittelbaren Alltags in der Einrichtung ist. Grundsätzlich wird Kindern das Recht auf Partizipation sowohl auf internationaler Ebene (Art. 12 UN-Kinderrechtskonvention) als auch auf Bundes- und Landesebene (§ 8 SGB VIII) gewährt. Dies stellt Fachkräfte vor große Herausforderungen, da sie unterschiedliche Altersgruppen in den Kitas betreuen und allen Kindern gerecht werden wollen. Umso wichtiger ist es deshalb, sich gemeinsam im Team über die Grundlagen von Partizipation, ihre didaktische und methodische Umsetzung, aber auch über die Grenzen dieser zu verständigen. Je klarer die Partizipationsmöglichkeiten diskutiert und benannt werden, desto leichter ist es, einen gemeinsamen Konsens zu finden.

 

Beschwerdemöglichkeiten von Kindern

Einen besonderen Aspekt der Partizipation von Kindern innerhalb der Tagesbetreuung stellt das Beschwerdemanagement dar. Auch dieser Anspruch ist rechtlich bindend festgelegt, doch ergeben sich an dieser Stelle ebenfalls immer wieder Schwierigkeiten in der Umsetzung im Alltag. Ein gelingendes Beschwerdeverfahren setzt unbedingt voraus, dass Fachkräfte Respekt gegenüber den Empfindungen der Kinder zeigen sollten. Hierbei ist es wichtig, dass grundsätzlich eine Kultur der Fehlerfreundlichkeit vorherrschen sollte, die alle Akteure der Kindertagesbetreuung einschließt. Menschen machen Fehler, und Verbesserungsmöglichkeiten gibt es immer. Mit dieser Grundhaltung lässt es sich auf Beschwerden wesentlich professioneller reagieren. Besonders Kinder sollten die Erfahrung machen, dass sie sich ohne Angst beschweren können und sie bei Bedarf individuelle Hilfe erhalten. Auch ist es für Kinder ein hilfreicher Lernprozess, wenn Erwachsene ihr Fehlverhalten aufgrund einer Beschwerde eingestehen. So wird die Selbstwirksamkeit der Kinder unterstützt.

 

Prävention wird häufig nur im Kontext von besonderen Angeboten für Kinder gesehen, doch wirksamer präventiver Kinderschutz beinhaltet mehr als einzeln installierte Präventionsangebote zur Persönlichkeitsstärkung und Gewaltprävention. Vielmehr benötigen Einrichtungen der Kindertagesbetreuung eine allumfassende Strategie, bei welcher die strukturellen Gegebenheiten der jeweiligen Einrichtung einbezogen werden, so dass dieses Gesamtkonzept auf allen Ebenen wirken kann.